Längst ist das Nieder-Oder-Bruch aus dem Winterschlaf erwacht. Der 1.Mai - und somit der Beginn der Bockjagd - steht unmittelbar vor der Türe. Man muss bereits früh aufstehen, um den Sonnenaufgang zu erleben. Bei schönem Wetter wird jedoch selbst der Langschläfer trotz dieser für ihn ungnädigen Zeit mit wunderbaren Eindrücken entschädigt.
Wenn der Morgen erwacht, steigt im Osten ein dunkles Rot auf.
Wildschwäne fliegen mit lautem Krachen auf dem Oder-Havel-Kanal ein oder steigen auf.
Langsam erscheint die Sonne am Horizont.
Die ersten Rehe haben wir schon entdeckt: Vier standen direkt am Dorfrand von Liepe; wenige hundert Meter weiter im Revier angekommen, entdecken wir erst einen, dann den zweiten Bock.
Das Auto abgestellt, liegt das Revier nun in vollkommener Ruhe vor uns.
Als wir an der angestrebten offenen Kanzel ankommen, müssen wir feststellen, dass die Leiter ganz entschieden renovierungsbedürftig ist. Ajax betrachtet indigniert den gebrochenen Holmen. Diverse Revierarbeiten müssen noch erledigt werden.
Aber keine hundert Meter weiter ragt vor uns die so genannte Honecker-Kanzel auf. Die Gerüchte besagen, dass Honecker auf dieser gesessen haben soll. Bekannt ist auch, dass dieser begeisterter Jäger war. Da allerdings hier in fast jedem Revier eine “Honecker-” oder “Mielke-Kanzel” steht, ist es wohl näherliegend anzunehmen, dass diese Bezeichnung eher eine Kanzelbauart beschreibt: Besonders hoch, besonders komfortabel, mit Balkönchen ….. . Kaum ist Ajax abgelegt und sitzen wir, kommt ein Bock von Westen auf die Kanzel zu. Er scheint uns weder gesehen, noch gehört zu haben, wie sich das gehört.
Als zwei beschlagene Ricken in Begleitung eines stattlichen Bockes auftauchen, sucht unser erster Bock das Weite
Auch diese drei entdecken uns nicht. Nach kurzer Zeit beginnen die Ricken zu äsen, vom Bock ist nur noch das Haupt zu sehen.
Da wir ohne Waffe unterwegs sind und beide Böcke für die Bockjagd ab 1. Mai zu stattlich sind, bleibt Zeit, sich umzusehen. Nach Westen haben wir Aussicht auf das von der Sonne beschienene Niederfinow ….
…. in Richtung Ost-Süd-Ost entdecken wir den Kirchturm von Bralitz.
Auch der Hund hat Witterung von unseren drei Rehen bekommen und pinst. Mit seiner Standruhe ist es noch nicht wirklich weit her und es muss noch kräftig geübt werden. Am 1. Mai wird er wohl oder übel im Auto bleiben müssen. Zum Glück haben sich die Rehe nicht beunruhigen lassen. Als wir nach einer Stunde vom Hochsitz herabsteigen, schaut uns Ajax mit erwartungsfrohem Blick leise vorwurfsvoll entgegen.
Nachdem wir auf dem Rückweg noch einmal kurz den Schilfgürtel umrundet haben - hier haben sich in der vergangenen Nacht eindeutig Sauen getummelt -, …..
können wir nun zum Abschluss noch einen Schwan beobachten, der einer Fregatte gleich den Bachlauf entlangsegelt.
Diese hübschen Tierchen sieht man im Nieder-Oder-Bruch eher seltener und um so häufiger im Schlosspark Sanssouci
Und Ajax darf im Revier auch das nicht so einfach machen. In Sanssouci war das Pekingentenpaar nicht eben begeistert von der auf sie veranstalteten Jagd und flogen empört auf.
Dafür darf sich Ajax, nachdem er das Fahrradfahren auch schon gelernt hat, ab und an am Autosteuer probieren.
Es war ein durch und durch gelungener Morgen und das frühe Aufstehen hat sich in jedem Falle gelohnt.